Cora auf Koh Chang

thailand-auswandern-buch-lossoWie „wandert“ man eigentlich aus, wie schafft man es in einer völlig fremden Kultur und Sprache Fuß zu fassen?  Dies und viel mehr möchte ich euch erzählen. Hier und in meinem neuen Buch „Thailand: Mai Pen Rai -Macht fast nix“.
Ab dem 3. August 2016 gibt es übrigens eine große Reportage von mir über uns und unsere Hunde in Thailand – im Deutschen Hunde-Magazin „Partner Hund

 

 

 

…….Und so passierte es fast täglich, dass wir in Thailand irgendwo ein Problem hatten, weil wir mit Cora, unserer Hündin aus Südtirol, unterwegs waren. Dieser Zustand war völlig neu für uns und wahrscheinlich hatten wir die Situation auch ziemlich unterschätzt. Die Thais haben eher ein zwiespältiges Verhältnis zu Tieren. Es gibt gar einige, die Hunde und Katzen in ihren Haushalten halten, doch meist sind es so genannte Pets, also gezüchtete Rassehunde von kleiner Statur. Die werden teuer eingekauft und dementsprechend gehegt und gepflegt und gelten mehr als Statussymbol als der Tierliebe wegen. Ich hatte sowieso bald schon das Gefühl, dass Thais keine Ahnung von wahrer Tierliebe haben. Tiere leben irgendwie mit, doch wenn sie lästig oder einfach nur größer werden, entsorgt man sie oft auf grausame Art und Weise.

Die zahlreichen Straßenhunde, die herumstreunen und mehr oder weniger sich selbst überlassen sind und im besten Falle von den Einheimischen geduldet und gefüttert werden, bezeugen dies auf eindringliche Art und Weise. Diese Tiere leben von den Abfällen und abgesehen davon, ernährt sich die Kambodschanische Bevölkerung auch heute noch sehr gern von Hundefleisch. Und Kambodschaner gibt es auf Koh Chang sehr viele, da die Nähe zur Grenze nur mehr ein “Katzensprung” ist und die Menschen hier Arbeit und Brot suchen. Sie bevorzugen insbesondere schwarze männliche Hunde auf ihrem Teller, da sie dem Aberglauben folgen, dass diese besonders gut schmecken würden und zudem viel Energie für die Sexualität spendeten.

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So waren wir diesbezüglich wohl ziemlich naiv in dieses Land gekommen. Und sicher hatten wir auch nicht damit gerechnet, dass es auf Koh Chang erstens so viele Kambodschaner gibt und zweitens sehr viele Thais, die ebenso in ihrem Aberglauben noch irgendwo feststecken. Als Touristen bekommt man diese Dinge logischerweise fast gar nicht mit.
So geschah es etwa, dass wir zu hören bekamen, dass Thais nicht von Hunden angebellt werden wollten, da dies Unglück bringe. Von einem Hund gebissen zu werden, bedeute gar Tod und Teufel. Gesetz dem Fall müsse man sich sofort in den Tempel begeben, und sich mit Geld und Fürbitten von einem Mönch befreien lassen. Großer Buddha, wir waren also im Mittelalter angekommen. Und zu schlechter Letzt erfuhren wir dann auch, dass Hunde generell sehr tief in der Rangordnung stehen und als unrein, verlaust und verdreckt gelten und auch als Schimpfwort herhalten müssen.

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Dass die Population der sehr vielen Straßenhunde durch ein Sterilisierungsprogramm eventuell eingedämmt werden könne, war nur Einzelnen auf Koh Chang klar. Auf dem Festland indes gab es bereits gar einige Tierheime und auch aufgeschlossene Menschen, die dieser Idee positiv gegenüber stehen und Aktivitäten dahingehend entwickeln. In Koh Chang indes war noch sehr viel Aufklärungsarbeit diesbezüglich nötig. Es geschah auch am helllichten Tage, dass unsere Cora direkt neben uns von einem Straßenhund angefallen und gebissen wurde. Wie nur konnten wir sie davor schützen? Das war die zentrale Frage der nächsten Wochen und Monate. Cora war eine sehr freundliche und lustige Hundedame, die diese Abnormitäten absolut nicht kannte. Sie war aber außerordentlich tapfer und schlug sich gut. Von Tag zu Tag wurde sie mutiger und stellte sich den neuen Herausforderungen. Wie wir übrigens auch.

Rolands Abreise stand bevor, er wollte ja nach Nepal mit seinem Team und musste erst einmal zurück nach Europa. Ich blieb alleine mit Cora auf Koh Chang zurück und wohnte weiterhin im “Garden of Joy”. Dort gab es Lila, Marthas außerordentliches liebenswürdiges Jack Russelhundmädchen, das sich sofort mit Cora angefreundet hatte und so spielten die beiden Hunde Tag und Nacht miteinander. Es war eine reine Freude, ihnen zuzusehen, wie sie sich mochten und ihr Zuneigung grenzenlos auslebten. Oben im Restaurant, unten auf der riesigen Wiese oder am Strand. Es gab immer eine Tollerei der beiden und sie erfreuten zahlreiche Gäste des „Garden“ damit. So etwa Leo und Traudi, die auch sehr tierlieb und aus Südtirol gekommen waren. Cora freundete sich bald schon mit Leo an und begleitete ihn auf den Strand und zurück zu seinem Bungalow. Ich freute mich ob all dieser positiven Entwicklungen und war mir sicher, dass der Schritt, unsere Cora mitzunehmen, absolut richtig gewesen war. Sehr bald schon durften auch Marthas Katzen mit den beiden mitspielen und die Hasen und alle weiteren Tiere im Resort wurden auch miteinbezogen. Wochen der Entspannung und Freude folgten. Wir waren alle gut drauf, Menschen wie Tiere und es ging uns richtig gut.

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Unsere Pläne hatten inzwischen bedeutende Fortschritte gemacht. Panya war tatsächlich mit Rolands Vorschlägen einverstanden und willigte ein, den Vertrag so zu gestalten, wie von uns gewünscht. Erneut gab es Bier und Wein, denn das musste gefeiert werden.

So ging es step by step und jeden Tag etwas voran. Ich signalisierte Roland bereits nach kurzer Zeit, – er befand sich inzwischen längst in Nepal, dass die Verträge bald unter Dach und Fach seien und wir wieder etwas zum Feiern hätten. Inzwischen hatte ich mich mit Cora schon im “Boonya” einquartiert und wir beobachteten die “Szene”. Wie viele Gäste gab es bereits, was war zu beachten, was zu unterlassen? Wie konnten wir so heimisch wie nur möglich werden? In einem Land, dessen Sprache wir nicht kannten, dessen Mentalität wir zwar glaubten zu kennen, doch selbst das stellte sich nun als Trugschluss heraus. Sie waren doch so viel viel anders als wir in den dreißig Jahren, in denen wir nach Asien reisen, geglaubt hatten, verstanden zu haben.

Cora und ich gingen nun Tag für Tag hinaus und erkundeten zu Fuß oder per Minitaxi die Insel. Ich wollte wissen, wo wir eigentlich gelandet waren, wie das Business im “Boonya” so funktionierte und welche Erklärungen ich unseren späteren Gästen geben konnte. Panya hatte uns einen Bungalow gegen einen Spezialpreis überlassen und ich fragte mich insgeheim, warum ich eigentlich überhaupt noch bezahlen musste, wo wir doch sowieso das gesamte Anwesen in wenigen Wochen übernehmen würden. Das ist eben der berühmte “Thaistyle” von dem wir in den kommenden Monaten noch sehr viel lernen mussten. Auch dass Cora mit mir in den Bungalow zog, war nicht selbstverständlich und das, obwohl jeder wusste, dass sie in Zukunft hier leben würde. Eine für mich fremde und eigenartige Logik. Der noch viele weitere folgen sollten.

Nun waren also Cora und ich im “Boonya” im Bungalow number one. Englisch sprechen war an der Tagesordnung und langsam, langsam lernte ich einige Worte Thai dazu. Die fremde Sprache hatte ich mir allerdings etwas einfacher vorgestellt. Als Sprachtalent, so schätzte ich mich bis dato jedenfalls ein, immerhin hatte ich ein paar weitere Sprachen immer in Windeseile erlernt und einige in Ermangelung der täglichen Übung auch schon längst wieder vergessen. Dieses Thai nun fiel mir verdammt schwer. Diese Sprache hatte rein gar nichts mit dem zu tun, was ich bisher an Sprachen gekannt hatte. Es gab keinen einzigen Anlehnungspunkt, rein gar nichts. Ich wusste nicht an was ich diese Sprache anknüpfen konnte. Ja, ich hörte oder verstand nicht einmal die berühmten Tonlagen und die Aussprache war ebenso ein Buch mit sieben Siegeln für mich. Je länger ich in Thailand lebte, des schwieriger schien mir das Ganze. Ich fand, dass sich jedes dieser Wörter anders aussprach als ich es hörte. Ganz zu schweigen von ganzen Sätzen.

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Frohen Mutes waren Cora und ich dennoch täglich auf der Insel und nahmen Kontakt mit Menschen und Tieren auf. Wir erkundeten neue Strände und Ortschaften. Mit dem bisschen Thai, Englisch, das hier kaum einer sprach, und eben mit Händen und Füßen, kämpften wir uns täglich weiter. Und es gab tatsächlich fast kaum merkbare Fortschritte.
Doch auch allerlei Gefahren lauerten. Nicht für mich. Nein, für den Hund. Wir wurden auf Schritt und Tritt von den Straßenhunden beobachtet und auch verfolgt. Cora schien allen anderen Straßenhunden hier auf der Insel ein Dorn im Auge zu sein. Bis ich das begriff vergingen viele Tage. Wer solche Situationen nicht erlebt hatte, kann sie kaum begreifen. In Thailand unterwegs zu sein ist eine Sache, doch in Thailand mit einem mitgebrachten Hund unterwegs zu sein, eine ganz andere. Unsere Hündin wurde verfolgt. Und bald war sie sehr eingeschüchtert. Ich musste mich als ihre Beschützerin betätigten, was ich nicht erwartet hatte. Hier kamen die Hunde zu Rudeln von irgendwo herangebraust und umringten uns. Jeder Straßenhund hat hier rein gar nichts. Außer sein Territorium. Und wenn dies auch nur ein halber Meter Straße war. Ging man daran vorbei, konnte das Tier mitunter sehr aggressiv werden.

Ich hielt Cora an der Leine, musste aber feststellen, dass sie ohne Leine sicherer war, da sie davonstürmen und sich irgendwo verstecken konnte. Egal, ob ich da war oder nicht, die Hunde folgten nur den Gesetzen der Straße. Panya riet mir auf jeden Fall immer und überall einen Stock mitzunehmen und einfach nur zu drohen. Das wirkte tatsächlich Wunder. Wenn ich den Stock drohend in die Luft schwang, ließen die aggressiven Hunde ab, während sich andere wiederum sowieso nicht um uns kümmerten. Nachdem Cora zweimal gebissen wurde und ich mir wegen ihrer Verteidigung einen doppelten Mittelfingerbruch plus arge Knieverletzungen zugezogen hatte, war der große Stock nun ein Muss, wenn wir aus dem Haus gingen. Einmal blieb ich drei Tage im Bett und im Bungalow liegen, da mir der Finger dermaßen wehtat und auch das Knie ziemlich schmerzte. Eine kurze Depression hatte mich zudem befallen, und sie lähmte mein Gemüt und ließ mich alles in Frage stellen. Dank der immer scheinenden Sonne und dem vielen Vitamin D war der Anfall schnell vorbei und ich beschloss zu kämpfen. Cora war immer treu an meiner Seite gewesen. Doch auch sie schien nun die sprichwörtliche Schnauze voll zu haben, lag sie zu meinen Füßen und schleckte mir Tag und Nacht mein Knie sauber.

Erst Monate später sollte ich erfahren, dass gewisse Enzyme im Hundespeichel förderlich für die Heilung auch von Menschenwunden sein sollen. Egal, wie sich einige auch “grausen” mögen davor. Und sie werden sagen, dass dies nur Bakterien befördere, bei mir wirkte die Aktion, die von unserer Hündin ganz aus eigener Initiative gestartet worden war, wahre Wunder. Nur einige Tage später war alles wieder gut und wir bewegten uns weiterhin gemeinsam durch Koh Chang, sprangen auf die Minitaxi, was Cora sehr genoss, fuhren rauf zu unseren Freunden im “Garden of Joy”, um uns auszutauschen, denn nun hatten wir eine gemeinsame Basis und besuchten Strand um Strand und Dorf um Dorf. Es war eine spannende Zeit, auch voller Vorfreude auf die Übernahme des “Boonya”, denn nun stand ein Datum fest. Der 9. Dezember 2014 sollte es werden. Der Geburtstag unseres Sohnes Manuel. Das hatte sich so ergeben, da Roland genau um diese Zeit aus Nepal zurück sein würde und seinen Flug nach Thailand schon gebucht hatte.

Mehr dazu in meinem neuen E-book “Thailand Mai Pen Rai, macht fast nix

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